kst. Eigentlich wird bei uns viel zu viel über Geld geredet – etwa in der Familienpolitik, wo man den Eindruck bekommen könnte, dass es um einen volkspädagogischen Großversuch mit den klassischen Mitteln Zuckerbrot (Förderungen) und Peitsche (etwa Rentenkürzungen) mit dem Ziel der kostengünstigen Erzeugung von Renteneinzahlern geht. Besonders scheinheilig ist da immer die Diskrepanz zwischen den Sonntagsreden, bei denen quer durch die Parteien betont wird, wie wichtig z.B. die Bildung ist und der ernüchternden Realität, in der die Lehrer teilweise genötigt sind, die Kopien, die sie ihren Schülern austeilen, selbst zu bezahlen, weil der Schule das Geld fehlt (vermutlich wurde es für teure und überflüssige, aber angesagte Computerräume ausgegeben).
Aber noch viel absurder geht es in anderen Bereichen zu, und es ist
doch sehr erhellend und erschütternd, zwei Zahlen gegenüberzustellen:
1. Es gibt einen Schweizer Kinderarzt, Dr. Beat Richner, der in Kambodscha
inzwischen vier Kinderkrankenhäuser aufgebaut hat, in denen er die
Mehrzahl der ernsthaft erkrankten Kinder dieses Landes nach westlichem
Standard kostenlos behandelt (pro Jahr etwa 800.000 Kinder). Dazu wendet
er einen Jahresetat von etwa 13 Millionen Euro auf, der allein durch Spenden
aufgebracht wird (Website von Beat Richner).
2. Die USA geben für ihre im Irak stationierten Truppen ca. 600
Millionen Euro aus – pro Tag.
Es ist intellektuell wenig anspruchsvoll, die Dinge zu Ende zu denken und sich klarzumachen, welche Wirkung mit diesen Aktivitäten jeweils erzielt wird. Man könnte sich dazu ganz nüchtern die folgenden Fragen vorlegen: a) Welche Ziele werden verfolgt? b) Wem kommt das Geld zugute? c) Was ist die direkte Wirkung für die Menschen? d) Was ist der langfristige Effekt?
Hier soll nur auf den letzten Punkt eingegangen werden – die anderen
kann sich jeder Leser selber beantworten – die Frage nach dem langfristigen
Effekt. Im Falle des Schweizer Arztes sind es wichtige Grundsätze,
daß in den Krankenhäusern ausschließlich einheimische
Ärzte ausgebildet werden und daß die Ärzte und das Pflegepersonal
gut bezahlt werden, damit sie ein gutes Auskommen haben, ohne sich durch
Korruption zu bereichern, indem sie etwa Medikamente weiterverkaufen. Richners
Krankenhäuser stellen so ein leuchtendes Vorbild dar für das
öffentliche Leben Kambodschas.
Eine Wirkung der Besetzung des Irak ist – wenn man einmal beim Gesundheitsbereich
bleibt – daß ein vorher gut funktionierendes Gesundheitssystem jetzt
völlig zerstört ist, daß nach einer in der angesehenen
amerikanischen Fachzeitschrift Lancet veröffentlichten Studie in den
letzten drei Jahren 650.000 irakische Bürger durch die Kriegsfolgen
ums Leben kamen. Die heimtückischste Hinterlassenschaft des Krieges
ist aber vermutlich die verschossene panzer- und bunkerbrechende uranhaltige
Munition. Beim Aufprall zerstäuben diese Gefechtsköpfe in ein
feines Pulver, das an der Luft sofort brennt und winzige Teilchen erzeugt,
die leicht in Körperzellen eindringen können. Eine Fabrik in
Albany, N.Y. (USA), die monatlich etwa 400 Gramm abgereichertes Uran (DU)
in die Atmosphäre emittiert hatte, wurde 1980 geschlossen, ihre Umgebung
wurde für über 100 Millionen Dollar dekontaminiert. Im Irak wurden
dagegen Hunderte von Tonnen DU-Munition verschossen. Die Berichte aus irakischen
Krankenhäusern sind erschütternd. Ärzte berichten von sonst
nie beobachteten Häufungen von Krebserkrankungen, schrecklichen Mißbildungen
bei neugeborenen Kindern. Auch bei US-Veteranen werden ähnliche Wirkungen
beobachtet. Von den Verantwortlichen werden diese Effekte geleugnet, von
einer Dekontamination ist keine Rede. Eine Beseitigung des DU-Staubes ist
vielleicht auch gar nicht möglich – man muß der Tatsache ins
Auge sehen, daß größere Teile des Irak unbewohnbar sind.
Warum werden eigentlich die Führer, die diese Zerstörungen
angerichtet haben, von der westlichen Welt noch mit Respekt behandelt?
Warum lassen wir eigentlich zu, daß unsere Regierung mit ihnen kooperiert,
ja ihre Kriegspläne noch unterstützt?
Übrigens: das ausgegebene Geld stammt auch aus unseren Steuern.
Und in einer Demokratie sollte doch das Volk entscheiden, wofür seine
Steuern ausgegeben werden, oder?
Quelle: Für die Familie e.V., Infobrief 7, Dezember 2007