Die Finanzkrise und der Zugriff auf die Familien

 

Die sogenannte Finanzkrise begleitet uns nun schon über ein Jahr. Das Banken- und Finanzwesen, grundsätzlich eine gute Sache, ist zu einem gigantischen Wettsystem verkommen, das zerstörte Privat­exis­tenzen, ausgesaugte Firmen, ja ganze Länder hinterlässt, die durch die Folgen des nur scheinbar unvorhersehbaren Kollapses ruiniert wur­den.

In dieser Ausgabe des Infobriefs soll es unter anderem darum gehen, wie die globalisierte Wirtschaft den Zugriff auf Kernbereiche der Familie probt: Die Kommerzialisierung von Bildung und Erziehung erlaubt nicht nur den Verkauf von Erziehung als Dienstleistung, sondern ermöglicht auch einen direkten Einfluss auf die nach­wach­sende Generation. Nebenbei: die Bologna-Reformen an den deutschen Universitäten sind auch ein Beispiel für den vorauseilenden Gehorsam von Bildungspolitikern gegenüber der Industrie, mit dem ein bewährtes und international anerkann­tes System durch ein schein­­bar international ver­gleich­bares ersetzt wur­de.

Fast noch direkter ist der Zu­griff auf unsere Jugend bei der Computerspiel­industrie (FAZ über sog. LAN-Parties: „Spinnerei, sagen manche – aber die Branche wächst“). Hier wird kalt­schnäuzig die Bezie­hungs­­unsicherheit pubertierender Jugendlicher ausgenutzt, um sie in eine Parallel­welt zu locken, in der die Tugenden einer gesetzlosen Welt gelten und Mord mit Punktgewinn belohnt wird.

Wie in früheren Ausgaben bereits betont wurde, ist die Familie einer der letzten Bereiche, die der Kommerzialisierung noch in gewissem Masse widerstehen konnten: Selbstvertrauen und Empathie haben immer noch keinen Preis. Vielleicht sind jedoch Menschen, denen diese Eigenschaften fehlen, gerade in Sinne der finanzgesteuerten Industrie: wer ohne Selbstvertrauen ist, lässt sich von seinem Arbeitgeber ausnutzen und hetzt fast zwangsläufig dem jeweils neuesten Schrei der Konsumgüterindustrie hinterher. Wem die Empathie fehlt, der kann ruhig zusehen, wenn anderswo vitale Industriezweige von Heuschrecken aufgezehrt werden.

Gerade in schwierigen Zeiten: lassen wir uns und unseren Kindern Selbstvertrauen und Empathie nicht nehmen!

Quelle: Für die Familie, Infobrief 9, Dezember 2009